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  • lis7640

Gedanken zum Ukraine-Konflikt



Was am vergangenen Donnerstag geschehen ist, hat die meisten von uns zutiefst erschüttert: ein Krieg in Europa, ca. 700 km entfernt von uns – ungefähr gleich weit wie der Arlberg-Tunnel – war bis vor wenigen Wochen für die meisten von uns völlig unvorstellbar, geschweige denn, dass nun auch noch ein Atomkrieg als mögliches Szenario im Raum steht.


Doch dieser Alptraum ist wahr geworden und wir werden konfrontiert mit Bildern vom unglaublichen Leid der ukrainischen Bevölkerung, von Hunderttausenden, die aus ihrem Land flüchten müssen. Gleichzeitig sind wir aber auch mit unseren eigenen Gefühlen konfrontiert, die diese Situation in uns auslöst: Da kommen Ängste hoch, ob der Krieg auch bis zu uns übergreifen könnte, Ängste um unser Leben, um die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder (meine eigene Enkeltochter ist am Donnerstag, am Tag als der Krieg ausgebrochen ist, gerade zwei Jahre geworden). Viele haben auch Angst vor den wirtschaftlichen Folgen, die dieser Konflikt mit sich bringt: vom Mangel an Gas mit allen seinen Folgen, vor einer Rezession und Inflation etc.


Gleichzeitig kommen auch Gefühle wie Mitleid, aber auch Hilflosigkeit hoch im Angesicht der Bilder, die uns täglich erreichen. Auch Gefühle von Wut und Zorn gegenüber dem russischen Aggressor sind den meisten von uns nicht fremd. Ich denke, wir befinden uns noch immer in einer Art Schockstarre, fühlen uns einer Situation hilflos ausgeliefert, mit der wir vermeintlich nichts zu tun haben, fühlen uns als Opfer der äußeren Umstände.


Wenn wir eine etwas andere Perspektive einnehmen, erkennen wir vielleicht aber auch, dass unsere derzeitige Lage einen Spiegel für unsere Gesellschaft darstellt, insbesondere unsere westlichen Industriegesellschaft; ein Spiegel für die Ausbeutung unseres Planeten, die immer noch fortgesetzt wird, obwohl wir uns deren Folgen schon längst bewusst sind; ein Spiegel für unseren Egoismus, dass wir solange auf Kosten der ärmsten Länder und unserer Umwelt gelebt haben.


Wenn wir unseren Blickwinkel dahingehend verändern, können wir erkennen, dass es uns alle etwas angeht, was da gerade passiert, dass es mit jedem einzelnen von uns zu tun hat; dass uns letztendlich auch unsere Konsumgewohnheiten in eine Situation gebracht haben, wo eine Auslöschung der Menschheit ein realistisches Szenario darstellt.


Insofern könnte man die Situation auch als einen WECKRUF an uns alle verstehen, einen Weckruf, dass wir alle zum Spiegel werden für alles, was wir in der Welt, im Außen, sehen und erleben wollen. Dass wir zum Spiegel werden - zu einem Vorbild…

- zu einem Vorbild für mehr Freundlichkeit uns selbst gegenüber als Voraussetzung, dass wir auch freundlich mit allen anderen Geschöpfen umgehen können.

- Zu einem Vorbild im Umgang mit allen Menschen, Tieren und Pflanzen,

- Zu einem Vorbild an Zufriedenheit mit dem was wir haben, ohne nach immer mehr zu verlangen – ein Vorbild in unserem Konsumverhalten,

- Zu einem Vorbild in der Suche nach Wahrheit, auch wenn diese unangenehm ist,

- Zu einem Vorbild im Mut, etwas zu verändern, wenn wir merken, dass Potential besteht,

- Zu einem Vorbild in Gelassenheit und Klarheit, auch in herausfordernden Situationen.


Dies sind übrigens alles Qualitäten, die in der Yogaphilosophie als Grundlage für ein glückliches und zufriedenes Leben gelten.

Gerade jetzt gilt es, unser Bestes zu geben, damit wir uns nicht im Nachhinein fragen müssen, was wir hätten besser machen können!


Es geht darum, dass wir uns nicht als Opfer der Umstände sehen, sondern dass wir erkennen, dass es auch jeder einzelne von uns in der Hand hat, etwas zu verändern, zumindest in seinem persönlichen Umfeld. Für mich fühlt sich diese Position auf alle Fälle deutlich besser an, als die Opferposition - als Opfer von Umständen und politischen Aggressoren.


In diesem Sinne - möge unsere Yogapraxis uns dabei helfen,

- Gelassen zu bleiben auch in unseren unsicheren Zeiten

- Den Mut zu finden, die Dinge, auf die wir Einfluss haben, zum Besseren zu verändern!


Wie der buddhistische Meister Thich Nhat Hanh, der vor wenigen Wochen von uns gegangen ist, und der Zeit seines Lebens ein Friedensaktivist war, es formuliert hat:


Wenn Du lernst, Liebe und Gleichmut zu praktizieren, wirst du wissen, wie die unheilsamen Geisteszustände wie Zorn, Kummer, Unsicherheit, Traurigkeit, Hass, Einsamkeit und Anhaftung zu heilen sind.


Ich möchte noch meiner Yogalehrer-Kollegin Birgit Gaurianda vom Yogazentrum Mödling danken, die mich auf die Spur dieser Gedanken gebracht hat, die ich gerade mit Euch teile.


NAMASTE

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